Bürgerversammlung in der Stadthalle: Komfortzone verlassen, um nachhaltige Mobilität zu fördern
Bei der Bürgerversammlung am 3. September stand das Thema Mobilität im Mittelpunkt. Die Stadtverwaltung hatte auf Einladung von Stadtverordnetenvorsteher Christian Wieser die Gelegenheit, einigen interessierten Bürgerinnen und Bürgern in der Stadthalle erste grundsätzliche Überlegungen und konkrete Ziele für ein breit angelegtes Mobilitätskonzept zu präsentieren.
Roman Theuerjahr, Leiter des Amts Stadtplanung und Bauverwaltung, betonte, dass insbesondere der Faktor Zeit bei der Erarbeitung eines umfassenden Mobilitätskonzepts nicht zu unterschätzen sei – insbesondere, wenn die Maßnahmen langfristig angelegt seien und nachhaltig Wirkung entfalten sollen. Dementsprechend steht am Beginn des geplanten Mobilitätskonzepts ein Monitoring, das mit Verkehrsmessungen in der Darmstädter Straße im Juli und August gestartet ist.
Im Anschluss an die Datenerhebung wird unter Realbedingungen erprobt, wie allen Innenstadtakteuren eine verbesserte Aufenthaltsqualität geboten werden kann. Insgesamt wird es zwei Verkehrsmessungen geben: einmal im Vorfeld des Reallabors und die zweite Messung während des laufenden Projektbetriebs. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen in das Mobilitätskonzept ein, um die Verkehrs- und Mobilitätswende aktiv voranzutreiben.
Die Verkehrsmessungen sind ein Teil des Projekts „transform-R“, welches in Kooperation mit dem Regionalverband FrankfurtRheinMain umgesetzt wird, und mittels wissenschaftlicher Expertise maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen für die jeweilige lokale Situation bringen soll.
Ab 2026 sollen erste Maßnahmen in die Umsetzungsphase gelangen. Wichtig: alle Maßnahmen sollen von Bürgerinformationsveranstaltungen und unterschiedlichen Beteiligungsformaten flankiert werden, um die Öffentlichkeit mitzunehmen auf dem Weg hin zu einem lebenswerteren Groß-Gerau. Entscheidend dafür sei aber auch, so Theuerjahr, sich aus seiner Komfortzone herauszubewegen: „Wir müssen die Komplexität des Mobilitätsthemas begreifen, um eine nachhaltige Gestaltung zu ermöglichen. Dazu lieferte Lebrecht Viebahn sen. aus dem Publikum einen Hinweis, der laut Theuerjahr aus städteplanerischer Sicht beachtenswert ist: Die Groß-Gerauer Innenstadt sei seit dem Mittelalter in ihrer Struktur nahezu unverändert, so Viebahn – die Gassen, die wir heute vorfänden, gab es früher schon. Und diese bauliche Situation müsse die Stadtverwaltung in ihre Planungen rund um das Thema Verkehr einbeziehen.
Gewerbevereinsvorsitzender Jörg Leinekugel signalisierte die Bereitschaft und das große Interesse der Groß-Gerauer Gewerbetreibenden, sich mit ihren Erfahrungen und Ideen, aber auch ihren Bedürfnissen und Wünschen, einzubringen, um gemeinsam mit der Stadtverwaltung und allen beteiligten Akteuren die Mobilitätswende voranzutreiben. Auch die Vertreterinnen und Vertreter des Forums Verkehrswende und der Bürgerinitiative Lebenswertes Wallerstädten zeigten großes Interesse an einem auf Bürgerbeteiligung und wissenschaftlicher Datenerhebung basierenden Mobilitätskonzept. Die Sorge der BI, dass die Interessen der Wallerstädter Bevölkerung, zum Beispiel hinsichtlich der zu sanierenden Ortsdurchfahrt, zu kurz kommen könnten, entkräftete Bürgermeister Jörg Rüddenklau. Die Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen, werde bei allen Projekten großgeschrieben.
Zum geplanten Mobilitätskonzept sagte er ergänzend, dass es nicht darum gehe, den Individualverkehr aus der Innenstadt zu verbannen, sondern vielmehr darum, ein ausgewogenes Miteinander der Verkehrsmittel zu erreichen: Dafür sei es auch nötig, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auszubauen und Angebote attraktiver zu gestalten, weshalb er mit der Lokalen Nahverkehrsgesellschaft mbH Kreis Groß-Gerau (LNVG) im Austausch sei. Die Kreisstadt beteiligt sich mit rund einer Million Euro jährlich am ÖPNV.