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Datum: 19.10.2023

Gegen das Vergessen: Stolpersteine vor dem Haus Raiss sind wieder eingesetzt

Nachdem die Städtische Seniorenarbeit ihre Arbeit im Haus Raiss-Neubau in der Frankfurter Straße 46 aufgenommen hat, sind nun auch die Stolpersteine zum Gedenken an die jüdische Familie Hirsch wieder in den Bürgersteig vor dem Haus eingelassen. Zur Neuverlegung der "Steine gegen das Vergessen" kamen am Donnerstag, 19. Oktober 2023, rund 60 Personen zum Haus Raiss.  

"Wir dürfen nicht zulassen, dass Gewalt Erfolg haben kann", sagte Bürgermeister Erhard Walther und verwies auf die Terroranschläge in Israel vor wenigen Tagen und auf den Krieg in der Ukraine. Das sei eine der Botschaften – neben der Erinnerung an die Vergangenheit – der Stolpersteine. Sie sollen uns ermahnen, dem Recht zur Geltung zu verhelfen, so Walther. 

Pfarrer Wolfgang Prawitz vom Evangelischen Dekanat Groß-Gerau - Rüsselsheim betonte in seiner Begrüßeungsrede, dass die Stolpersteine dazu beitragen, die Erinnerung an die Verbrechen und Greueltaten des NS-Regimes und an deren Opfer wach zu halten. "Wir brauchen diese Erinnerung, auch wenn sie schmerzlich ist", mahnte Prawitz, und erinnerte daran, dass Verfolgung und Vertreibung auch in Groß-Gerau stattgefunden hatten.

Diese Epoche arbeitet auch der Förderverein Jüdische Geschichte und Kultur im Kreis Groß-Gerau auf, der die Verlegung und Neuverlegung der Steine am Haus Raiss mit organisiert hat. Der Verein koordiniert im Kreis Groß-Gerau alle Fragen rund um die Stolpersteine. Gegründet wurde das Projekt Mitte der 1990er Jahre von dem deutschen Künstler Gunter Demnig. Mittlerweile wurden europaweit 100.000 Stolpersteine verlegt.  

In der Kreisstadt sind 75 der zehn mal zehn Zentimeter großen Steine zu finden und erinnern an die jüdischen Opfer des nationalsozialistischen Regimes. 2016 wurden die Stolperstene für die Mitglieder der Familie Hirsch vor dem Altbau eingebracht, bis sie 2020 wegen der Bauarbeiten entfernt und im Stadtmuseum ausgestellt wurden. 

Mit den Stolpersteinen und dem geschichtlichen Hintergrund in der Kreisstadt hatten sich die Schülerinnen und Schüler der Klasse 10d der Luise-Büchner-Schule befasst. Sie beleuchteten im Rahmen eines Votrags die Vor- und Nachkriegsgeschichte des historischen Gebäudes sowie die Eigentumsverhältnisse und die Vertreibung der ehemaligen Eigentümerfamilie und den Erwerb durch den Namensgeber Raiss. 

Das Haus Raiss in der Frankfurter Straße beherbergt seit 1983 die Städtische Seniorenarbeit. Der Anfang der achtziger Jahre verstorbene Malermeister Philipp Raiss hatte das Haus 1939 erworben und der Stadt mit der Auflage vermacht, dort eine Einrichtung für Senioren aufzubauen. Zuvor befand es sich im Besitz der jüdischen Familie Hirsch, der 1940 die Flucht in die USA glückte, und an die die Stolpersteine erinnern. In den kürzlich fertiggestellten Neubau ist wieder die Städtische seniorenarbeit eingezogen.